Zurück im Arbeitsleben - trotz Krankheit
Montabaur| Von jetzt auf gleich kann sich das Leben komplett verändern und Menschen vor völlig unerwartete Herausforderungen stellen. Ob durch eine Krankheit oder einen Unfall - das bisherige Berufsleben kann oftmals nicht wie gewohnt fortgesetzt werden, so dass Betroffene um ihre berufliche und finanzielle Existenz bangen müssen. Viele Menschen geraten dadurch in Frustration und Ratlosigkeit, wie das Leben von nun an sinnvoll fortgesetzt werden kann und suchen dabei oft vergeblich um Hilfe. Für eine Umschulung ist es bei den meisten Betroffenen aufgrund ihres Alters oder ihrer Qualifikation schon zu spät, was die Berufswahl sehr einschränkt. Gerade für Menschen mit handwerklicher Ausbildung, bei der eigentlich körperlicher Einsatz gefordert ist, sind Arbeiten am Schreibtisch oder im Büro zunächst unvorstellbar.
Hilfe und Unterstützung bietet in solchen Fällen das Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft e.V. [BWHW] in Montabaur. Hier wird für durch Krankheit oder Unfall arbeitsunfähige Menschen ein spezieller berufspraktischer Lehrgang [BLR] angeboten. In dieser von der Deutschen Rentenversicherung und den Berufsgenossenschaften geförderten neunmonatigen Rehabilitation werden neben grundlegender Allgemeinbildung und EDV-Training auch Praktika in völlig anderen Berufsfeldern ermöglicht, die den Betroffenen bisher fremd waren. „Perspektiven für neue berufliche Möglichkeiten aufzeigen“, so beschreibt Lehrgangsleiter Peter Bill einen wichtigen Teil seiner Arbeit, die im Optimalfall die Integration in den Arbeitsmarkt trotz Krankheit zum Ziel hat. Darüber hinaus werden Rehabilitanden auch bei rechtlichen Fragen oder Behördengängen unterstützt und Kontakt zu Arbeitgebern aufgenommen, die in bestimmten Fällen mit einer Subvention durch die Ausgleichsabgabe, bzw. einen Eingliederungszuschuss rechnen können.
Ein hoffnungsvolles Beispiel für die berufliche Rehabilitation ist Carsten Sven Oehne, der zunächst viele Jahre mit Freude seiner Tätigkeit als KFZ Mechaniker und Maschinenführer in der chemischen Industrie nachging. Wegen eines folgenschweren Unfalls, der die Schulter schwer schädigte, konnte er seinen Beruf nicht mehr ausüben und musste zunächst Krankengeld beziehen. Nach längerer Therapie und diversen Tätigkeiten im Sicherheitsdienst und in der Gastronomie war er zu Arbeitslosengeld II gezwungen. Zwei erneute Operationen der Schulter ergaben keine wirkliche Verbesserung seines Gesundheitszustandes und erforderten den erneuten Bezug von Krankengeld. Durch diese vom Unfall und der Erkrankung an Diabetes stark beeinträchtigte berufliche Laufbahn und einem aus dem Unfall resultierenden langwierigen Rechtsstreit entstanden bei Carsten Sven Oehne Misstrauen gegenüber dem „sozialen Gefüge“, Frustration und ein geringes Selbstwertgefühl sowie existenzielle Finanzsorgen.
Im September 2016 begann er zunächst mit Vorbehalten die berufliche Rehabilitation beim BWHW, da er sich selbst keine berufliche Zukunft oder grundlegende Umorientierung vorstellen konnte. Doch durch großes Engagement und zielführende Mitarbeit im Reha-Kurs konnte er bei einer Autoverwertung schließlich einen Praktikumsplatz erlangen und seine Ideen und Impulse im Betrieb einbringen. Mit Hilfe von Lehrgangsleiter Peter Bill, Förderungen der Deutschen Rentenversicherung, dem Landeswohlfahrtsverband und der Bezuschussung von Arbeitsgeräten und Transportmitteln für eine angemessene Arbeit war in der Autoverwertung ein geeigneter Arbeitsplatz gefunden.
Das BWHW betreut Betroffene wie Carsten Sven Oehne auch nach der erfolgreichen Integration in das Arbeitsleben. Der berufspraktische Lehrgang beginnt jeweils im März und im September. Neben Theoriewochen, in denen zum Beispiel Bewerbungsunterlagen erstellt werden, sieht der Kurs auch Praktikumsphasen vor, die den Rehabilitanden völlig neue berufliche Perspektiven eröffnen können.
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