Barrierefreiheit beginnt im Kopf
Hochtaunus - Immer mehr Firmen sehen Inklusion als Mittel gegen Fachkräftemangel an – Berater baut Vorurteile ab
VON ANDREAS ROMAHN – Oberursel Carsten Götz ist zufrieden. Der Geschäftsführer der Müller Immobilien Management GmbH in Friedrichsdorf hat zum 20. Juli 2023 einen neuen Mitarbeiter eingestellt und damit eine lange Suche erfolgreich beendet.
Die Besetzung der mehr als 18 Monate freien Stelle verdankt Götz nach eigener Aussage der Vermittlung durch die neuen Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA). EAA-Fachberater Christof Groß informiert, berät und unterstützt Arbeitgeber bei der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung. Seit August 2022 ist Groß als Mitarbeiter des Bildungswerks der Hessischen Wirtschaft in Bad Homburg, dem Träger der EAA-Beratung, proaktiv im gesamten Hochtaunuskreis unterwegs, um in Firmen und Betrieben die Arbeitgeber über das neue Angebot zur Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung zu informieren.
„Wir kannten die Möglichkeiten zur Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung gar nicht und scheuten die bürokratischen Hürden“, äußerte sich Geschäftsführer Götz, der in seinem Unternehmen im Bereich Hausverwaltung rund 40 Mitarbeiter beschäftigt, offen zur positiven Informations- und Vermittlungstätigkeit des EAA-Beraters. Erfolgreiche Netzwerkarbeit und Lotsenfunktion führte nicht nur zum Kontakt mit der Arbeitsagentur und dem formgerechten Stellen der Förderanträge, sondern schuf nach Überzeugung von Götz auch die Grundlage für eine langfristige Beschäftigung des neuen Mitarbeiters im Bereich der Büroorganisation und nachhaltige Strukturen zur weiteren Inklusion im Betrieb: „Wir sind fest überzeugt von dem eingeschlagenen Weg und planen bereits, einen zweiten Mitarbeiter einzustellen.
Gelegenheit zur ersten Zwischenbilanz der EAA-Arbeit gab es bei der von Groß organisierten Kick-Off-Veranstaltung „Fachkräfte sichern durch Inklusion“, an der am 29. Juni im Cafe „Windrose“ Oberusel 18 Betriebe aus dem gesamten Hochtaunuskreis und weitere Netzwerkpartner wie die Arbeitsagentur Bad Homburg teilnahmen Beim ersten Netzwerktreffen waren mit dem EVIM-Pflegeheim „Kortheuer-Haus“ Usingen, dem Schlosshotel Kronberg der Hospizgemeinschaft „Arche Noah“, dem Restaurant „Feldbergblick“, dem Bischöflichen Ordinariat Limburg oder den Städten und Gemeinden Bad Homburg, Oberursel und Grävenwiesbach eine breite Palette an Arbeitgebern und Betrieben vertreten, deren Erfahrung von der stetigen Beschäftigung von Menschen mit Behinderung bis zur Erstinformation über das Angebot reichten. Teodoro Krap ist Geschäftsführer der Intertec Solar GmbH in Oberursel, einem international tätigen Projektierer für Solaranlagen, mit derzeit 15 Beschäftigten. Geschäftsführer Krap war Teilnehmer der Informationsveranstaltung und ist sich sicher mit Hilfe der EAA gute Mitarbeiter zu finden: „Als weltweit tätiges Unternehmen gehört die Vielfalt zu unserer Firmenphilosophie und suchen wir Fachkräfte im Bereich der Elektrik aber auch Projektplanung im Büro.“ Dank der Netzwerkarbeit von EAA-Berater Groß findet in Kürze ein Termin mit dem Integrationsamt im Betrieb statt und soll als erstes in den neuen Geschäftsräumen das Thema Barrierefreiheit erörtert werden. „Wir wollen allen gleichen Chancen anbieten und ich habe das Gefühl, dass sich da etwas bewegt“. Das EAA-Kennenlern-Forum in Oberursel nutzte auch der Regionalmanager des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen Thomas Lambert, der in einem Fachvortrag über Zuschüsse bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung informierte. Anja Urban, Teamleiterin der Agentur für Arbeit in Bad Homburg informierte über den Profit durch die Ausbildung junger Menschen mit Behinderung und Kathrin Dießner vom Integrationsfachdienst Oberursel brachte erfolgreiche „Best Practice“-Beispiele aus der Region mit. Sie bekräftigten, dass die EAA eine wichtige Schnittstelle in Verbindung zu den Arbeitgebern sei und auch angesichts des Fachkräftemangels eine wichtige, gesellschaftliche Aufgabe erfülle. Margarethe Gora, Leiterin des Personalmarketing beim Bistum Limburg möchte eine Stabstelle im Bereich der katholischen Kindergärten besetzen und auf jeden Fall Menschen mit Behinderung einstellen.
Thomas Fiehler, Geschäftsführer der Gesellschaft für Integration und Arbeit (GIA) in Oberursel, beschäftigt unter seinen 64 Mitarbeitern bereits rund die Hälfte Menschen mit Behinderung und sieht mit dem EAA-Angebot eine wichtige Lücke im Bereich der Unterstützung für die Unternehmen geschlossen.
Dieser Artikel ist erschienen in der "Taunuszeitung vom 14.07.2023"
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