Mit Wissbegierde und Zielstrebigkeit zum Erfolg – im Interview mit einem Geflüchteten aus Eritrea

Alsfeld, Lauterbach | Im März 2014 kommt Habtom aus seinem Heimatland Eritrea als unbegleiteter Minderjähriger nach Deutschland. Damals war er gerade einmal 15 Jahre alt und eine lange Reise über Äthopien, den Sudan, Libyen und Italien lag hinter ihm. Heute, sieben Jahre später, ist er Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik bei der Firma Betz Technik in Eschenrod. Hier hat er mithilfe der Unterstützung durch das Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft e. V. im Projekt „Wirtschaft integriert“ erfolgreich seine Ausbildung absolviert.

Foto Wirtschaft integriert

Innerhalb kürzester Zeit lernte Habtom in Sprachkursen die deutsche Sprache, holte seinen Hauptschulabschluss nach und machte anschließend seinen Realschulabschluss an der Schule für Erwachsene in Alsfeld. Im Gespräch mit Habtoms Chef, Michael Weber, dem Geschäftsführer der Firma Betz Technik, und seinem Ausbilder Tobias Haas wird deutlich, dass Habtom seinen Weg gehen will. „Während seiner Ausbildung zeigte er, dass er sehr wissbegierig und zielstrebig ist“, so Weber.

Michael Weber erzählte, dass der Kontakt zu Habtom über den Sportverein KSV Eschenrod entstanden ist. Die Firma Betz unterstützt seit Jahren die Jugendarbeit sowie den heimischen Fußball im eigenen Ort. Durch den damaligen Sportbeauftragten kamen die beiden ins Gespräch und bekundeten Interesse an einer Zusammenarbeit. So begann Habtom im Sommer 2017 die Ausbildung zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik. Allerdings stellte sich die Anwendung der deutschen Sprache im beruflichen Bereich als Herausforderung dar. Die alltägliche Kommunikation funktionierte, doch hinsichtlich der fachlichen Ausdrücke und Aufgabenstellungen wurde es schwierig. Neben der Fachsprache stellten sich auch die deutschen Standards, wie Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Qualität vor Herausforderungen: Ein Beispiel erzählte Habtom im Interview: „Ein Kollege fragte mal, als ich etwas schief gebaut habe, ob ich es nehmen würde, wenn ich Kunde wäre. Da habe ich verstanden, dass ich immer genau arbeiten muss.“ In der Praxis erhielt Habtom sehr gute Unterstützung im Betrieb: „Es waren immer alle für mich da. Meine Kollegen zeigten mir, dass sie mir helfen wollten. Ich konnte alles Fragen.“ Die fachlichen Defizite in der Theorie, vor allem bedingt durch die Sprachbarriere, blieben auch nach dem ersten Ausbildungsjahr bestehen. So hat das Unternehmen Betz Technik nach einer Lösung gesucht, um den jungen Mann während seiner Ausbildung zu unterstützen.

Auf einer Ausbildungsmesse in Alsfeld wurde Michael Weber auf das Angebot „Ausbildungsbegleitungplus“ im Rahmen der Landesinitiative „Wirtschaft integriert“ aufmerksam. Mit „Wirtschaft integriert“ wird in Hessen der erfolgreiche Berufsabschluss für Flüchtlinge und andere Menschen, die Deutschförderung benötigen, realistisch. „Wirtschaft integriert“ unterstützt diese Personen durch eine kontinuierliche Förderkette von der beruflichen Orientierung bis zum erfolgreichen Ausbildungsabschluss. Der Projektbaustein „ABplus“ bietet den jungen Menschen und Ausbildungsbetrieben eine intensive, speziell auf die Zielgruppe abgestimmte Begleitung und Beratung während der gesamten Ausbildungszeit. Das begleitende Angebot ist eine Kombination aus Stütz- und Förderunterricht, berufsbezogener Sprachförderung, Integrationshilfe sowie sozialpädagogischer Begleitung und wird in Kleingruppen durchgeführt.

 „Wir sind aktiv vom Bildungswerk angesprochen worden, ob wir uns sowas vorstellen können. Wir haben dann die Chance genutzt und es in Angriff genommen. Es war keine Frage, Habtom die Chance zu geben“, so Weber.

Tobias Haas blickt positiv auf die Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk und das Unterstützungsangebot zurück: „Die Leistungen haben sich dann zügig verbessert, als der Stützunterricht mit Habtoms Dozenten, Philip Binner, angefangen hat. Dann ging es ziemlich steil nach oben.“ Auch Habtom ist sehr dankbar für die Unterstützung durch seine Ausbildungsbegleiterin Caroline Seifert und Philip Binner vom Bildungswerk. „Ich denke, es wäre sehr schwierig gewesen, die Ausbildung ohne die Nachhilfe weiter zu machen oder zu schaffen.“ Nicht nur Habtom und sein Ausbilder sind überzeugt von dem Projekt „ABplus“, sondern auch Michael Weber. So hat eine gute Kommunikation zwischen Betrieb und Bildungswerk über die Personalreferentin des Betriebs, Julia Kniese, für die effektive Gestaltung von Unterstützungsangeboten gesorgt. „Heute kann ich sagen, es ist eine tolle Sache, die uns und vor allem Habtom enorm geholfen hat“, so Weber.

Im Januar 2021 hat Habtom seine Ausbildung zum Elektroniker erfolgreich bestanden. Der Abschluss eines Arbeitsvertrages im Anschluss an die Ausbildung war für den Betrieb auf Grund der guten Leistungen von Habtom eine logische Entscheidung.

Für Habtom war es eine Herzensangelegenheit die Ausbildung zu bestehen, um seinem Chef und den Mitarbeitern im Betrieb und im Bildungswerk für die Unterstützung zu danken: „Ich möchte meinem Chef und meinem Ausbildungsbetrieb das zurückgeben, was sie mir als Chance ermöglichten.“

Informationen zu Wirtschaft integriert und dem Projektbausteinen

https://www.wirtschaft-integriert.de/

Kontakt

Claudia Bourquain
Koordinatorin
Fulder Tor 24 B
36304 Alsfeld
T: 06631 6087-33
F: 06631 6087-31

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