Dank Ausbildung erfolgreich integriert
Michelstadt | „Er hat sich sehr gut ins Zeug gelegt“, so Robert Lang. Vom ersten Tag an war der Firmenchef von Elektrotechnik Robert Lang von dem Einsatz des jungen Syrers Diar Ibrahim begeistert. Umso mehr freut es ihn, dass er nun seine Gesellenprüfung zum Elektriker für Haustechnik erfolgreich bestanden hat. Keine Selbstverständlichkeit, startete er seinen langen Weg zur Ausbildung anfangs ohne ein Wort Deutsch zu sprechen.
Eigentlich wollte Diar nach erfolgreichem Abschluss des Gymnasiums in seinem Heimatland studieren, aber der Krieg ließ es nicht zu. Als ältester Sohn einer großen Familie, zu der zwei weitere Brüder und sieben Schwestern zählen, blieb ihm nur die Flucht um nicht in den Krieg ziehen zu müssen. Im Januar 2015 kam Diar, zu diesem Zeitpunkt noch 17 Jahre alt, in Deutschland an. Damit zählte er bis zu seinem 18. Geburtstag im April 2015 noch zu den unbegleiteten Jugendlichen. Allerdings besuchte er keine InteA-Klasse, sondern stieg direkt in die Berufsorientierung mit Sprachförderung (BOplus) beim Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft ein. In dieser Vollzeitmaßnahme wird neben der beruflichen Orientierung die deutsche Sprache vermittelt sowie auf Ausbildung und Berufsschule vorbereitet. Auch Unterstützung zur Integration und das Verbessern der persönlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich einer Ausbildung werden in Form von sozialpädagogischer Begleitung geprüft wie gefördert. Die Firma Elektrotechnik Robert Lang war der zweite Betrieb, in dem Diar sich mittels eines Praktikums vorstellte. Die Chemie stimmte sofort auf beiden Seiten. „Das hat von Anfang an gepasst“, betont Robert Lang.
Aufgrund noch zu großer sprachlicher Barrieren folgte ein Langzeitpraktikum mit schulischer Begleitung im BWHW Michelstadt, sechs Monate lang absolvierte Diar die Einstiegsqualifizierung mit Sprachförderung (EQplus), dann kam es zum Ausbildungsvertrag. Während der Ausbildung wurde Diar seitens des BWHW mit der Maßnahme ABplus (Ausbildungsbegleitung plus Sprachförderung) unterstützt, was für ihn zusätzliche vier Stunden Unterricht pro Woche, nach Feierabend oder nach der Berufsschule, bedeutete. Vermittelt werden hierbei Fachunterricht seitens eines anerkannten Ausbilders oder Meisters je nach Beruf sowie Deutsch hinsichtlich beruflicher Fachsprache und Bildungsdeutsch. Auch gezielte Prüfungsvorbereitung zählen zu der Maßnahme. Alle drei ineinandergreifende Integrationsmaßnamen, BOplus, EQplus sowie ABplus werden über das Projekt „Wirtschaft integriert“ und somit über das Hessische Wirtschaftsministerium, der WiBank Hessen, finanziert.
„Die Arbeit hier war für mich nie ein Problem“, gesteht Diar heute, „aber als mit der Ausbildung die Berufsschule anfing, dachte ich die ersten Monate, dass schaffe ich nie und wollte alles hinschmeißen.“ Ein Satz, der verdeutlicht, wie schwer es ist mit einer noch jungen Fremdsprache dem doch anspruchsvollen Unterricht gerade in technischen Berufen an deutschen Berufsschulen zu folgen. Aber er hielt durch und schon im zweiten Lehrjahr der 3,5jährigen Ausbildung lief alles besser. „Ich habe Glück gehabt, weil ich es hier im Betrieb schaffen konnte. In anderen Betrieben hätte ich vielleicht nicht so viel Unterstützung gehabt,“ betont Diar.
Tatsächlich, unterstreicht auch Chefin Ulrike Lang, verbindet sie und ihren Mann mit dem ehemaligen Azubi ein eher familiäres Verhältnis. Da kam es auch schon mal vor, dass Diar mit ihren drei Kindern Hausaufgaben machte oder spielte. „Bei unseren Kunden ist er sehr beliebt, nicht nur wegen seiner fachlich guten und sauberen Arbeit, auch wegen seiner freundlichen Art“, so Robert Lang. Von Anfang an durfte er mit auf die Baustellen fahren, oft auch weiter weg, was ihm seine neue Heimat näherbrachte. Ein wenig Probleme gab es anfangs mit dem Odenwälder Dialekt, schmunzelt sein Chef, aber auch das habe sich schnell gelegt.
„Ich bin stolz auf unsere Odenwälder Betriebe, die Geflüchteten hier eine gute Chance für ihre berufliche Zukunft bieten,“ so Klaus Marquardt, zuständiger Mitarbeiter beim BWHW Michelstadt. Gemeinsam mit Teamleiterin Birgit Golak besuchte er Diar anlässlich seiner erfolgreichen Prüfung im Betrieb.
Ulrike und Robert Lang gründeten ihre Firma 2004, neun Mitarbeiter und einen Auszubildenden im ersten Lehrjahr beschäftigen sie. Seit Firmengründung haben mit Diar drei Auszubildende hier ihre berufliche Zukunft gesucht. „Von den Dreien ist Diar der einzige, der tatsächlich seinen Abschluss schaffte. Gute Auszubildende zu finden ist heute nicht leicht“, betont Lang. Das Diar im Betrieb bleibt, ist selbstverständlich. Unterstützt vom Kommunalen Jobcenter konnte er vor der Ausbildung seinen Führerschein machen, was Voraussetzung war. „Jetzt kann er das Gelernte eigenverantwortlich unter Beweis stellen, was für ihn kein Problem sein sollte “, ist sich Robert Lang sicher. Nach der positiven Ausbildungserfahrung weiß er heute: „Sollte das Bildungswerk nochmals einen Diar haben, wir nehmen ihn sofort.“
Info: Ausbildungsbetriebe, die Unterstützung für Auszubildende mit Sprachförderbedarf haben, auch bei bereits laufenden Ausbildungen oder kurzfristig vor Prüfungen, können sich an das Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft wenden.
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Klaus Marquardt
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64720 Michelstadt
Telefon: 06061 9438-14
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