Das Pferd als Spiegel der Seele
Montabaur | Pferdegestütztes Coaching in der „QuiT“ am Standort Montabaur
Das Pferdegestützte Coaching lebt von der Interaktion und Reflexion mit dem Pferd. Das Paradoxe: Der Mensch überwindet seine eigenen Unsicherheiten, um dem Fluchttier Pferd Sicherheit zu bieten. In der Arbeit mit dem Pferd erhält der Mensch eine sofortige Reaktion auf sein Handeln und kann sich in verschiedenen Lösungsstrategien ausprobieren. Durch die sofortige empathische Spiegelung kann schnell und effektiv an individuellen Einzelthemen gearbeitet werden. Das Erleben der Rückmeldung auf Gefühlsebene verbunden mit dem aktiven Tun macht das Coaching mit Pferd zu einer ganzheitlichen und nachhaltigen Methode, an sich selbst zu arbeiten.
Steigende berufliche und gesellschaftliche Anforderungen sowie persönliche und/oder familiäre Probleme führen immer häufiger zu psychischen Erkrankungen. Oft haben die Betroffenen bis zur Diagnose und Behandlung ihrer nicht sichtbaren Leiden einen langwierigen Prozess durchlaufen. In der QuiT (Qualifizierung und individuelles Training zur beruflichen Integration für psychisch beeinträchtigte Menschen) unterstützen wir unsere Teilnehmenden auf Ihrem Weg zurück in ein stabiles Leben und in die Erwerbstätigkeit.
Im Rahmen der Einstiegsphase haben die Teilnehmenden der QuiT und die Lehrgangsleitung Andrea Einig bei herrlichem Wetter im Grünen einen Tag mit Coach und drei Pferden verbracht. Zunächst wurden die Pferde Bjalla, Flocke und Argentina, noch auf der Koppel stehend, vorgestellt. Das Größte kam dann neugierig und ohne Berührungsängste auf die Teilnehmenden zu, um sie zu begrüßen – ein erster beeindruckender Moment mit Argentina. Dann ging es mit den zwei Kleinen (Bjalla und Flocke) zum Trainingsplatz. Das Coaching begann mit der Aufgabe, ein Pferd im Slalom um aufgebaute Hütchen zu führen. Dies klappte bei allen auf Anhieb sehr gut und führte bereits hier zu den ersten Erkenntnissen. Überwältigt von der eigenen Courage wurde deutlich, dass man sich „mehr zutrauen“ kann und „einfach mal machen“ kann. Bei einem Teilnehmer stellte sich ein Pferd in den Weg, so dass er nach kurzem Überlegen mit beiden Pferden den Slalom beendete (Foto). Er nahm für sich daraus mit, dass bei Hindernissen ein Umdenken erforderlich sein kann, um dann eine Lösung zu finden, die zum Ziel führt. Beim anschließenden gemeinsamen Frühstückssnack wurden die ersten Eindrücke besprochen, die unterschiedlichen Erfahrungen/Empfindungen ausgetauscht und auf Kärtchen festgehalten. Währenddessen wurde auch Argentina auf den Trainingsplatz geführt.
Die nächste Aufgabe bestand darin, in Teamarbeit einen Parcours aufzubauen, um ihn anschließend mit einem Pferd seiner Wahl abzulaufen. Es wurde eine Plane ausgebreitet, über die gelaufen werden musste und mehrere Hindernisse, die es zu übersteigen oder umgehen galt. Zwei Teilnehmerinnen wählten sich die große Herausforderung Argentina für diese Übung aus, die allerdings entschlossen stehenblieb, anstatt brav mitzulaufen. Dieses „Problem“ galt es individuell zu lösen. Fragen zu dem Empfinden in der Situation löste bei einer Teilnehmerin den Gedanken aus, versagt zu haben. Sie erwarte immer zu viel von sich, alles müsse immer perfekt sein. Sie konnte als Lösung entdecken, dass es nicht immer das „Größte und Beste“ sein muss, wenn man sein Ziel auch einfach erreichen kann. Mit einem der kleinen Pferde konnten beide Teilnehmerinnen den Parcours dann problemlos absolvieren.
Auch im anschließenden Einzelcoaching gab es erneut Aha-Momente. An konkreten Beispielen benannten die Teilnehmenden persönliche Ziele, die sie erreichen möchten. Vier Hüte wurden aufgestellt mit „heute“ und dem „Ziel“, dazu zwei Zwischenschritte eingefügt, die zum Erreichen des Ziels definiert wurden. Die Teilnehmenden sollten zum nächsten Hütchen weitergehen (mit Pferd am Strick), wenn sie sich innerlich auf den nächsten Schritt einlassen konnten. „Boah, gruselig“, rief ein Teilnehmer mit großen Augen, als nicht er, sondern das Pferd in diesem Moment zum nächsten Hütchen losmarschierte.
So gab es einige Situationen, die verblüfften und in denen bewusst wurde, dass die eigene mentale Gesundheit und die psychische Verfassung eine große Rolle spielen. Der Tag hat bei allen zu individuellen Erkenntnissen und Ergebnissen geführt und gezeigt, woran jeder noch zu arbeiten hat. „Ich muss mehr bei mir selbst bleiben und darf mir auch mal etwas zutrauen.“, sagt eine Teilnehmerin. Eine andere zieht stolz und gerührt das Fazit: „Ich nehme mit, dass ich mehr kann, als ich denke und mich nicht immer so klein machen soll!“ Ganz einfach, aber gewaltig die Einsicht einer Teilnehmerin, dass ihr der Perfektionismus im Wege steht. Auf ihrem Kärtchen steht: „Ich genüge“.
In der Reflexion nach zwei Wochen berichten alle, dass sie ihre Erfahrungen in Alltagssituationen einbringen. Mal zu widersprechen und nicht immer nur „Ja“ zu sagen, den Fokus auf ein Ziel zu legen, sich nicht unterzuordnen und sich zu trauen, die eigene Meinung zu sagen und auch für diese einzustehen. „Wir sind froh, unseren Teilnehmenden der QuiT im Rahmen unserer psychosozialen Angebote ein so wertvolles Coaching anbieten zu können. Es war ein ereignisreicher Tag, der für uns alle in der weiteren Arbeit sehr wertvoll sein wird“, so Andrea Einig. „Im Rahmen der psychosozialen Gruppenangebote und in den Gesprächen mit unserer Psychologin wird an den individuellen Zielen kontinuierlich weitergearbeitet.“
Weiterführende Informationen zur QuiT finden Sie unter diesem Link: Qualifizierung und individuelles Training [QuiT] | BWHW